Dienstag, 29. Mai 2007

Betty Paoli

Betty Paoli(1814-1894)

Das Entscheidende

Wenn ein Gedanke dich durchhellt,
Bei dem du zweifelnd dich mußt fragen,
Ob, ausgesprochen, er der Welt
Verderben oder Heil wird tragen:

Dann lass' die mögliche Gefahr
Ihm nimmermehr sein Recht bestreiten!
Nur Eines prüfe: Ob er wahr?
Nur dieß, nichts And'res darf dich leiten.

Erträgt er deines Geist's Gericht,
Frei lass' sodann sein Banner wehen!
Der Rest ist deines Amtes nicht,
Nicht du hast dafür einzustehen.

Und tauchte er auf seinem Gang
Die Welt in Blut auch und in Flammen:
Wenn schließlich er den Sieg errang,
Wird doch nur Segen ihm entstammen.

Denn sieh! ein Zauber, tief und still,
Ist mit der Wahrheit stets verbunden,
Und, gleich dem Speere des Achill,
Heilt sie auch, die sie schlug, die Wunden.

Nicht sie, die, ewig treu und rein,
Zusammenhält der Welt Gefüge,
Gefährlich ist der Wahn allein,
Verderben bringt allein die Lüge.


* die Autorin
geb. am 30.12.1814 als Tochter eines ungarischen Adeligen u. einer Belgierin in Wien, eigentlich: Babette Elisabeth Glück,

sie stammte aus ärmlichen Verhältnissen u. verdiente sich in jungen Jahren ihren Lebensunterhalt u.a. als Erzieherin in Russland u. Polen, 1832/33 veröffentlichte sie erste Gedichte in Prager und Wiener Zeitungen, sie war als Sprachlehrerin u. Übersetzerin (u.a. von Puschkin u. Turgenjew) tätig, von 1841-43 als Gesellschafterin im Hause des Philanthropen u. Schriftstellers Josef Wertheimer, wo sie u.a. Adalbert
Stifter, Franz Grillparzer u. Nikolaus Lenau kennenlernte,

1849-52 hielt sie sich im Ausland auf, sie lebte ab 1852 meist in Wien u. war Literatur- u. Kunstkritikerin des 'Wiener Lloyd' u. der 'Österreichischen Zeitung' in Wien u. betätigte sich auch als Burgtheater-Referentin, zusammen mit ihrer Freundin Ida von Fleischl war Paoli später kunstkritische Beraterin Marie von Ebner-Eschenbachs, von der sie gezielt gefördert wurde, Grillparzer nannte sie den "ersten Lyriker Österreichs", sie starb am 5.7.1894 in Baden bei Wien.

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