Mittwoch, 20. Juni 2007

Die Karaokegesellschaft wird zur Kasse gebeten

Knete für Karaoke

Weil durch Raubkopien, P2P-Börsen und verändertes Nutzerverhalten die Umsätze einbrechen, sucht die Musikindustrie nach neuen Einnahmemöglichkeiten. Jetzt hat sie wieder eine gefunden: Sie will chinesische Karaoke-Sänger zur Kasse bitten.

Wenn es darum geht, ihre klaffenden und weiter wachsenden Umsatzlücken zu schließen, entwickelt die Musikindustrie ein gerütteltes Maß an Kreativität. Nach dem Willen von Branchenvertretern sollen rückläufige Einnahmen aus dem CD-Geschäft mit Hilfe von Lizenzgebühren bei Karaoke-Veranstaltungen in China wettgemacht werden. Das neue Geschäftsmodell stütze sich auf eine Diversifizierung der Einnahmen, sagte der Vorsitzende der Internationalen Föderation der Phonographischen Industrie (IFPI), John Kennedy, am Mittwoch bei einer Konferenz in Hongkong. Im Klartext: Wenn dort schon nicht für die Ware selbst bezahlt wird, dann wenigstens für deren Nutzung.

(Kultspiel Singstar: Karoke ist vor allem bei den in dieser Hinsicht gänzlich schmerzfreien Chinesen, Japanern, Holländern und Briten beliebt, kommt aber auch im eher verklemmten Deutschland langsam in Schwung)

Dazu zählten digitale Musik, Radiosender und insbesondere in China auch Karaoke-Veranstaltungen. Die Branche habe bereits einen Vertrag abgeschlossen, demzufolge Karaoke-Bars Lizenzen für die Verwendung von Musikvideos zahlen müssten. Dabei handele es sich um einen Euro pro Tag und Raum, bei etwa 50.000 Karaoke-Bars in China. Die IFPI mit Sitz in London schätzt den Verkaufswert musikalischer Raubkopien im Jahr 2005 auf 3,3 Milliarden Euro, 20 Milliarden Titel seien in dem Jahr illegal heruntergeladen worden.

Geld für Karaoke? In Deutschland sowieso

Auch in Deutschland ist das alles glasklar geregelt: Jede öffentliche Aufführung von Musik ist geschützt und Gema-Gebührenpflichtig - und öffentlich ist so gut wie alles, was über die streng private Party mit Verschwägerungs- und Blutverwandtschaftsnachweis hinausgeht.

Singstar-Spielen mit Freunden und Verwandten ist dagegen unproblematisch, auf einer Betriebsfeier aber Gema-Gebührenpflichtig. Vergleichbares gilt für Partys. Die Studi-Fete in der WG ist kein Problem, außer es kennt nicht jeder jeden: Dann wären in einer 100-Quadratmeter-Wohnung 24,84 Euro fällig (also eigentlich immer).

Etwas billiger wird das, wenn Heinz-Dieter zur Klampfe greift und gegen den Willen der anderen wieder einmal "Let it be" von sich gibt (20,70 Euro), Aufschläge zahlt man dagegen, wenn man außer Original-CDs auch gebrannte Sicherungskopien oder einen Laptop nutzt. Bezahlt wird nach Quadratmeter und Eintrittshöhe, nicht nach Zuhörerzahl. Zu warnen wäre darum vor einer Fete im Wald mit zehn Teilnehmern, die sich aber frei flanierend auf 3000 Quadratmeter verteilen. Bei einem Unkostenbeitrag von 10 Euro müsste man nachher noch mal 1545,60 Euro Gema-Gebühr fürs Kofferradio einsammeln. Wer das alles noch genauer wissen will, findet es hier .

...kein Wunder, dass die Untergrundszene ständigen Zuwachs hat, egal ob es die Grufties sind, private Spielhöllen oder geheime Swingerparties: da verkriechen die Menschen sich in schalldichte Räume, hören Musik und frönen ihrer Lust...

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