Montag, 20. August 2007

Mausebär sucht Zuckerschnute

Die wilden Erstsemesterparties sind vorbei, unter den Kommilitonen ist niemand, der dich interessieren könnte und auch im Freundeskreis tut sich nichts. Jung, schön, intelligent und allein. Der Single-Blues schlägt zu. Vielleicht wäre es an der Zeit, mal eine Kontaktanzeige aufzugeben? Etwas wie „Blonder Engel mit teuflischen Zügen sucht coolen Macho mit Herz und Humor.“ Oder: „Frosch sucht Prinzessin, die ihn durch Kuss zum Prinzen macht.“

Das hat auch Paula, Studentin der Kulturwissenschaft, schon mal ausprobiert. Die 26-jährige erzählt: "Ich war damals an einem Punkt, an dem sich in Liebesdingen einfach nichts tat. Im Freundeskreis gab’s nur Pärchen, und da habe ich das mit der Kontaktanzeige einfach mal ausprobiert.“ Paula findet es wichtig, sich gut zu überlegen, wo man die Kontaktanzeige veröffentlicht: „Das sollte nicht so ein kostenloses Blättchen sein, wo einem dann Hinz und Kunz antwortet.“

Sie entschied sich für ein kostenpflichtiges Kultur- und Stadtmagazin und gab sich große Mühe, den Text zu formulieren: „Ich habe geschrieben, dass ich studiere, welche Interessen ich habe und in welchem Alter der Mann, den ich suche, ungefähr sein sollte.“ Als die ersten Antworten kamen, war Paula ganz schön überrascht, wie viel Mühe sich viele Männer machten, ihr eine unterhaltsame und interessante Email zu schreiben.

Vermutlich kennen diese Männer die goldenen Regeln des Email-Flirtings, wie sie ein großer Online-Service für Kontaktanzeigen verbreitet: „Sei ehrlich und individuell, gehe in deinen Emails auf die Interessen des anderen ein, sei vorsichtig mit Humor, wähle dein Foto sorgfältig aus, sei nicht zu eng in deinen Vorstellungen vom anderen und reagiere schnell auf jede Kontaktaufnahme“, heißt es da. So kam es zu einem intensiven Email-Kontakt zwischen Paula und acht unterschiedlichen Männern.

„Dieses ewige Hin- und Herschreiben bringt nichts“, sagt Maschinenbau-Student Thomas. „Wenn ich auf eine Kontaktanzeige antworte, versuche ich, die Frau dahinter möglichst bald zu treffen. Alles andere ist verlorene Zeit. Da spinnt man sich ein Bild vom anderen zusammen.“ Seine Angst ist, dass sich hinter dem blonden Engel eine notorische Nörglerin verbirgt oder die attraktive Germanistin sich als Operngängerin par excellence entpuppt, die nie im Leben seine Liebe für Musikfestivals teilen wird.

Paula hat sich erst mal ein Weilchen mit den Kandidaten geschrieben und hat sich dann nach und nach mit allen acht Männern getroffen. Sie fand es gut, dass sie schon einiges von den Männern wusste, bevor es zu einem Treffen kam. „Da hatten wir wenigstens ein paar Anhaltspunkte für die Unterhaltung“, meint sie. Trotzdem hat sie festgestellt: „Die waren alle in Ordnung. Also sie waren weder hässlich noch in ihrem Verhalten total daneben. Aber alle Männer waren halt doch anders, als sie per Email rüberkamen. Viele waren schüchterner, als ich es mir je vorgestellt hätte.“

Alle Abende, an denen sie sich in Cafés und Kneipen mit einem der Männer verabredete, gingen recht unterhaltsam vorüber, doch nur ein Kontakt hatte länger Bestand. Allerdings war für Paula klar, dass daraus nie mehr als eine Freundschaft werden würde.

Neben dem fehlenden Flirtfaktor spielte dabei noch etwas anderes eine Rolle, erklärt Paula: „Die Tatsache, dass wir uns über eine Kontaktanzeige kennen gelernt haben, war immer ein Problem für mich. Irgendwie ist das schon komisch. Ich kenne ein Paar, das sich über eine Kontaktanzeige kennen gelernt hat. Die haben sich eine andere Kennenlern-Geschichte ausgedacht, weil ihnen das peinlich war.“

Hässlich, schüchtern, langweilig – die Liste der Vorurteile, die über Leute kursieren, die Kontaktanzeigen aufgeben oder darauf antworten, ist lang. „Das ist Quatsch“, sagt Thomas. „Auch bei einer Kontaktanzeige muss man sich früher oder später treffen, um zu sehen, wie man sich findet. Daran geht kein Weg vorbei. Und dann zeigt sich, wie man wirklich ist.“

Ihren jetzigen Freund hat Paula übrigens beim Erasmus-Jahr in Spanien kennen gelernt. Für sie der bessere Weg, einen Partner zu finden: „Wenn man sich im wahren Leben kennen lernt, ist das unverfänglicher – bei Kontaktanzeigen ist halt klar, dass beide suchen – das macht die Situation so unnatürlich angespannt.“ Thomas hingegen hat zum ersten Mal selbst eine Kontaktanzeige aufgeben und startet nun den Verabredungsmarathon.

(Autorin: ele)

Quelle: Unister-Studentenportal

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