Donnerstag, 20. September 2007

In der Korrektur verkaufen?

von Volkmar Michler

Geht es noch weiter nach oben oder mehren sich die ersten Anzeichen einer Korrektur? Wie soll man sich am besten verhalten? Dazu habe ich von Taipan-Leser Herrn B. ein Mail erhalten.

Sehr geehrter Herr Michler,

momentan warten doch viele Börsianer auf eine Korrektur. Natürlich wissen wir nicht wann und wie stark sie kommt. Ich kenne Ihre Strategie der Stopkurse.

Diese liegen meist etwa 20 Prozent unter dem momentanen
Kurs. Ich kenne auch Ihre Strategie „Gewinne laufen lassen“.

Trotzdem gehen dann oft schöne Gewinne dahin, ich denke dabei z. B. an Ctrip.

Ich meine damit, sollte man in dieser Marktsituation doch mal daran denken, wenn die Chartsituation eine bestimmte Überhitzung zeigt auch mal gut gelaufene Werte zu verkaufen. Ich meine natürlich nur einzelne Werte. Bei einer Korrektur kann man dann sagen, o. k. wir haben schöne Gewinne mitgenommen und hat dann Liquidität um wieder zu investieren.

Läufts weiter, hat man noch die restlichen Werte.

Vielen Dank für Ihre kompetente Einschätzung.

Freundliche Grüße
Bernhard B.

Bleiben Sie weiter investiert, aber ...

Es schon erstaunlich. Das Wort des ehemaligen Chefs der US-Notenbank Alan Greenspan hat immer noch Gewicht. Greenspan hatte gestern auf einem Manager-Treffen in Spanien einen kräftigen Einbruch an den chinesischen Börsen gewarnt. Nun, wenn Sie den Profit Radar aufmerksam lesen, dann wissen Sie längst, dass wir die chinesischen Börsen für sehr teuer halten. Und deshalb auch nur selektiv ausgewählte Einzelstorys empfehlen wie zum Beispiel den chinesischen Online-Spieler-Anbieter The 9, mit dem Taipan-Leser mittlerweile über 81% vorn liegen.

Greenspan hat sich natürlich beeilt zu sagen, dass das Wirtschaftswachstum weltweit stark genug sei, um einen Verfall der Aktienkurse in China auszuhalten. Doch die Börsen rund um den Globus haben auf diesem Einschätzung verunsichert und mit teilweise deutlichen Abschlägen reagiert. Soll man deshalb jetzt verkaufen, um auf die Frage von Taipan- Leser Bernhard B. zurück zu kommen.

Zunächst einmal muss im Mail von Herrn B. einiges richtig gestellt werden. Wer Taipan schon länger kennt, der weiß: Von einer pauschalen 20%-Stop-Strategie halten wir nichts. Unsere Stops werden immer nach charttechnischen Kriterien gesetzt. Im wöchentlichen Strategie-Papier von Taipan werden diese dann individuell bei jeder einzelnen Position dem Kursverkauf angepasst. Und auch das richtet sich ausschließlich nach charttechnischen Kriterien.

Und damit sind wir auch schon beim Thema. Jede einzelne Aktie verhält sich anders und jeder einzelne Anleger verfolgt eine andere Strategie. Ich kenne Leser, die verfahren nach einer einfachen 30%-Strategie. Sie sind mit 30% zufrieden und verkaufen grundsätzlich alle Positionen, wenn diese 30% Gewinn erreicht haben.

Ob Sie aber lieber kurzfristig Gewinne mitnehmen wollen oder eher langfristig investiert bleiben, dass können nur Sie entscheiden. Wir bleiben in den Taipan-Werten in der Regel so lange investiert, bis die Kursziele erreicht sind. In der Zwischenzeit empfiehlt es sich allerdings in der Tat einen Stop nachzuziehen, was Sie je nach Ihrer Risikoneigung individuell vornehmen sollten.

Wir erwarten eigentlich schon seit Wochen eine Korrektur, da wir dies nach den schnellen Anstiegen für gesund halten. Wenn die Börsen aber weiter nach oben wollen, macht es keinen Sinn, sich gegen diesen Trend zu stellen. Bei allen Korrekturen bzw. Ansätzen zu Korrekturen sah es in diesem Jahr bisher nach einer – gesunden –– Korrektur im Aufwärtstrend aus. Die Börsen sind anschließend weiter gestiegen. Wenn Sie hier vorschnell verkauft hätten, müssten Sie in der Regel zu wesentlich höheren Kursen wieder einsteigen. Aus diesem Grund setzen wir auch keine zu engen Stops. Es sei denn, Sie agieren als sehr kurzfristiger Trader, dann müssen Sie bei den kleinsten Anzeichen einer Korrektur raus, um dann sofort wieder zu kaufen. Doch diese Strategie trifft nicht auf Taipan zu. Und selbst für den Trader-Dienst Wall Street Radar ist uns das zu hektisch, da immer die Gefahr besteht, zu früh zu verkaufen.

Ein zweiter Punkt ist wichtig, die unterschiedliche Bewertung der Aktien. Unabhängig davon, ob sich eine Aktie charttechnisch auf Höchstständen befindet, kann eine Aktie mit einem KGV von 14 oder mit einem von 35 bewertet werden. Es ist klar, welche Aktie in einer Korrektur eher abgestraft wird. Im Strategie-Papier von Taipan achten wir sehr genau darauf, bei welcher Aktie nicht nur charttechnisch, sondern auch fundamental die Luft dünn wird. Auch hier gilt natürlich: Gewinne laufen lassen, solange der Trend intakt ist, doch in der Regel ziehen wir den Stop enger.

Besonders kritisch sind bei Aktien, die fundamental kein Schnäppchen mehr sind, die Quartalszahlen. Wenn diese auch nur im Rahmen der Erwartungen der Analysten ausfallen, wird die Aktie abgestraft. Selbst wenn die Zahlen über den Erwartungen liegen wie das beim israelischen Überwachungsspezialisten Nice Systems der Fall war, können Analysten ebenfalls enttäuscht sein und die Aktie fällt. Solche Unternehmen rechtfertigen ihre nicht mehr billige Bewertung nur dann, wenn das Gewinnwachstum weiterhin sehr hoch ist, so dass das KGV trotz Kursanstieg noch moderat bleibt.

Deshalb empfehle ich Ihnen in der aktuellen überhitzten Situation: Bleiben Sie auf jeden Fall weiter investiert. Zurzeit sieht es weiterhin nach einer Korrektur im Aufwärtstrend aus, heißt Stops sukzessive anpassen. Sobald der Trend bricht, raus aus den Aktien, sofern die Stops noch nicht ausgelöst worden sind.

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