Donnerstag, 20. September 2007

Rote Karte für die Türkei

von Volkmar Michler

Das hat gesessen. Der neue französische Präsident Nikolas Sarkozy hat aus seiner Abneigung gegen einen EU-Beitritt der Türkei nie einen Hehl gemacht. Jetzt zeigt der kleine Mann, der in Frankreich mit einer nie gesehenen Machtfülle ausgestattet ist, dass er auch umsetzt, was er meint. Spätestens nach der Vorstellung des neuen Kabinetts ist vielen Sarkozy-Kritikern klar geworden, dass man den neuen Präsidenten Frankreichs nicht unterschätzen darf.

Sarkozy hat jetzt mit seinem Veto Erfolg gehabt und durchgesetzt, dass keine Verhandlungen über den Komplex "Wirtschafts- und Währungsunion" aufgenommen werden. Dieser Bereich sei nur für spätere Vollmitglieder der EU relevant, heißt es zur Begründung. Mit anderen Worten: Wenn es nach Frankreich geht, wird die Türkei nie Mitglied der EU.

Aus Sicht der Türkei ist diese Entwicklung natürlich ärgerlich, überraschend kommt das aber nicht. Denn in der Türkei hat keiner ernsthaft damit gerechnet, dass es zu schnellen Beitrittsverhandlungen kommt. Dafür ist die Türkei einfach noch nicht weit genug. Insofern hat weder für die türkische Wirtschaft noch für die Börse die Beitrittsphantasie irgendeine Rolle gespielt. Oder anders ausgedrückt: Auch ohne EU-Beitritt bzw. Verhandlungen bestehen ja bereits enge Wirtschaftsverbindungen zur EU. Nach einem BIP-Wachstum von 6,1% wird das Wachstum aber in diesem Jahr deutlich auf 4,7% abkühlen. Es gibt Märkte wie Serbien und Kroatien, die deutlich schneller wachsen und die Daniel Wilhelmi in seinem Börsendienst Emerging Markets Radar vorgestellt. Spannend ist zum Beispiel ein Zertifikat, das beide Regionen abdeckt (für weitere Infos klicken Sie hier)

Türkische Wirtschaft kühlt sich ab

Die wirtschaftliche Abkühlung können Sie auch am Verlauf der türkischen Börse ablesen. Im Mehrjahres-Vergleich hat die ISE National 100 eine fantastische Performance hingelegt. Der Index hat sich von 10.500 Punkten Anfang 2003 bis jetzt auf 45.400 Punkte mehr als vervierfacht. Doch seit ein paar Monaten ist die Luft raus. Seit dem Hoch bei über 48.000 Punkten hat die ISE einen Abwärtstrend ausgebildet. Vielleicht nimmt die türkische Börse doch schon vorweg, was sich längst andeutet: Eine EU-Beitritt wird es, wenn überhaupt, vielleicht in 15 Jahren geben. Unabhängig davon gibt es natürlich gute Einzelwerte, zum Beispiel im Infrastrukturbereich, die interessant sind.

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