Sonntag, 2. Dezember 2007

Alfred Lichtenstein (1889-1915) Nebel

Ein Nebel hat die Welt so weich zerstört.
Blutlose Bäume lösen sich in Rauch.
Und Schatten schweben, wo man Schreie hört.
Brennende Biester schwinden hin wie Hauch.

Gefangne Fliegen sind die Gaslaternen.
Und jede flackert, daß sie noch entrinne.
Doch seitlich lauert glimmend hoch in Fernen
Der giftge Mond, die fette Nebelspinne.

Wir aber, die, verrucht, zum Tode taugen,
Zerschreiten knirschend diese wüste Pracht.
Und stechen stumm die weißen Elendsaugen
Wie Spieße in die aufgeschwollne Nacht.


* der Autor ................................................
geb. am 23. August 1889 als ältestes von fünf Kindern des Textilfabrikanten David Lichtenstein und seiner Frau Franziska in Berlin, 1899-1909 Besuch des Luisenstädtischen Gymnasiums in Berlin, das früheste erhaltene Gedicht von Lichtenstein entsteht am 27.4.1908, 1909 legt er die Reifeprüfung ab, sein Gedichtzyklus »Mulias« erscheint als Privatdruck, April 1909 Beginn
eines Jurastudiums an der Friedrich-Wilhelm- Universität in Berlin, 1910 erscheint sein erster Prosatext »Mieze Meier« in der von Walden herausgegebenen Zeitschrift »Der Sturm«, 1913 Veröffentlichung der Dissertation »Die rechtswidrige öffentliche Aufführung von Bühnenwerken« im Oktober 1913 tritt er als Einjährig-Freiwilliger in das 2. Bayerische Infanterie-Regiment Kronprinz ein, im Oktober veröffentlicht "Die Aktion" ein Lichtenstein-Heft mit einer Porträtzeichnung von Max Oppenheimer, 1914 promoviert er in Erlangen zum Dr. phil., August 1914: Abtransport an die Westfront, im September schickt
er sein letztes Gedicht ab ("Die Schlacht bei Saarburg"). Er fällt am 25. September 1914 in der Nähe von Vermandovillers bei Reims.

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