Dienstag, 18. März 2008

Was passiert bei einer Rezession der USA in China?

von Daniel Wihelmi

Ich habe von Emerging Markets Radar-Leser Erich B. eine gute Mail erhalten, deren Frage wohl viele Anleger beschäftigen dürfte. Deshalb möchte ich die Mail und meine Antwort für alle Leser des Profit Radars zugänglich machen. Los geht’s:

„Sehr geehrter Herr Wilhelmi, herzlichen Dank für die schnelle Antwort. Ich habe heute ja die Empfehlungen bekommen. …Ich habe aber noch eine grundsätzliche Frage nach dem Lesen Ihrer Broschüre und des Buches. Nach einigen Auguren stehen wir vor einer Rezession in Amerika, wobei durchaus noch größere Sell-offs kommen könnten.

Jetzt sind ja insbesondere China, aber auch einige andere Staaten sehr stark vom Export nach USA abhängig. Wenn nun tatsächlich dort ein stärkerer Wirtschaftseinbruch kommt, weil 10% der Amerikaner ihre Hypotheken und ihre Kreditkartenschulden nicht mehr bezahlen können, fällt automatisch der Export. Meinen Sie wirklich, dass die Binnenmärkte bereits eine solche Reife erlangt haben, dass sie davon nicht beeinflusst werden und nicht ebenfalls in den Keller gehen? Mit freundlichen Grüßen, Erich B.”

Das ist eine sehr gute Frage. Ich liebe Leser, die Sachen kritisch hinterfragen. Denn tatsächlich gibt es nicht wenige Emerging Markets Lobbyisten und Banker, die immer wieder die völlig falsche Theorie des Decoupeling (also des Abkoppelns der Schwellenländer von der Entwicklung der Industrieländer) lauthals vertreten. Aber das sind eben häufig Emerging Markets-Fans, die alles durch eine rosarote Brille sehen oder Fondsmanager, die natürlich für ihren China- oder Indien-Fonds bullisch gestimmt sein müssen und deshalb immer zum Einstieg blasen

Abkopplung ist irreal und existiert (noch) nicht

Wie Sie wissen, bin ich das ganz anders gestrickt. Ich bin Realist und Pragmatiker - außer beim 1. FC Köln, da werde ich es wohl nie lernen. Aber kommen wir zu den Emerging Markets: Je nach volkswirtschaftlicher Definition sind wir eigentlich schon in einer Rezession in den USA. Und selbst wenn wir es nach der Definition einiger Volkswirte noch nicht sind, da irgendwelche Zahlen noch nicht ganz genau die Richtlinien für eine „offizielle“ Rezession getroffen haben, so höre ich in aus den USA:

Während für die TV-Kameras und die allgemeine Öffentlichkeit noch mit dem typischen Ami-Siegergrinsen der Daumen in die Luft gereckt wird, nach dem Motto „Wir sind die USA, das beste Land der Welt, und alles wird gut“, wird hinter vorgehaltener Hand in Washington und an der Wall Street eigentlich nur darüber diskutiert, wie stark die Rezession und die Kreditmarktkrise ausfallen werden.

Und natürlich ist die Schlussfolgerung von Herrn Erich B. völlig richtig: Natürlich wird eine Rezession in den USA Exportnationen wie China treffen. Und die Antwort auf die Frage lautet ganz klar: "Nein", die Binnenmärkte von Argentinien bis Vietnam sind noch überhaupt nicht groß genug, um das voll zu kompensieren. Deshalb halte ich im Emerging Markets Radar derzeit auch keine China-Positionen.

Der Zeitpunkt wird kommen, wo diese Binnenmärkte so groß sind, dass Asien das Konsum-Zentrum der Welt werden wird. Aber bis dahin werden noch einige Jahre vergehen. Vor allem dann, wenn es am chinesischen Aktienmarkt mal richtig gekracht hat. Und das wird kommen. Darauf gebe ich Ihnen Brief und Siegel, auch wenn die China-Fans unter den Kollegen und Fondsmanagern, das einfach nicht wahrhaben wollen.

Have a successful day,

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