Sonntag, 13. Juli 2008

Faust

Grübers "Faust", verkörpert von dem 1998 verstorbenen Bernhard Minetti, zeigt sich dem Zuschauer wie ein Vexierbild aus dem Herz der Finsternis. Faust ist und bleibt ein alter Mann und unternimmt gar nicht erst den Versuch, sich wagemutig auf irgendwelche Teufelsbünde einzulassen. Seine Worte erscheinen wie der Nachklang der Geschichte.

(Quelle: tvtv.de, arte)

... alt sieht er aus, aber mit sicherem Schritt und fester Stimme begegnet er Mephisto, als sei dieser selber eine Erfindung der Dichterkraft und -sinne. Als wolle ein Mensch, der alles im Leben erreicht hat und dessen Worte von keinem übertroffen werden können, sich ein Wesen schaffen, dass ihm noch einmal reizt und widerspricht.
  • so ist mir das Dasein eine Last, der Tod erlöst, das Leben mir verhasst
  • das Spionieren scheint, ist deine Lust (Faust zu Mephisto)
  • verflucht, was uns in den Träumen heuchelt, verflucht, was uns als Besitz schmeichelt
  • verflucht sei der Balsam der Trauben, verflucht sei der Hoffnung, verflucht vor allem der Geduld
  • hör auf mit deinem Gram zu spielen ... ich bin dein Geselle ... und mach ich es dir recht
  • der Teufel ist ein Egoist ... und tut nichts, was dem anderen nützlich ist
  • ich gebe dir, was noch kein Mensch gesehen
  • zeig mir die Frucht, die fault, eh sie zerbricht
  • kannst du mich mit Genuss betrügen, dass sei für mich der letzte Tag
  • wohin soll es gehen ? - Wohin, es dir gefällt !
  • mein schönes Fräulein, kann ich es wagen, ihnen meinen Arm zu leihen ?
  • hehe, dieses Kind ist schön ! So was habe ich nie gesehen ... wie kurz sie angebunden war ... hör, du must mir diese Dirne verschaffen
  • wenn sie um Mitternacht nicht bei mir ist, dann ist es um unser Bündnis geschehen
  • nein, mit Sturm ist es nicht geschehen, mit List müssen wir vorgehn
  • ... nicht jedes Mädchen hält so rein ...
  • willkommen, süßer Sonnenschein ... greif mein Herz, du süße Liebespein ...
  • hier atmet links, Gefühl der Still ... der Ordnung, der Zufriedenheit ... welche Fülle .. in diesem Kerker
  • hier möchte ich meine Stunden säumen, hier bildet es die leichten Träume (riecht am Nachthemd der jungen Frau)
  • und träte sie im Augenblick herein, wie tätest du für deine Frevel büßen
  • ich läge ihr zu Füßen
  • Gesang des Mädchens (leicht getragen und zieht sich aus) : ... es war ein König Thule ... besang das Grab ... letzte Lebensglut ... hinunter in die Flut ... die Augen täten ihm sinken ... trank nie einen Tropfen mehr !
  • wie könnt ihr sie nur küssen, sie ist so garstig, so rauh ?
  • meine Mutter ist in allen Stücken so akurrat, mein Bruder ist Soldat !
  • Gespräch zwischen Faust und der Magd
  • ich war bestürzt ...
  • er liebt mich , er liebt mich nicht, er liebt mich .... was murmelst du ?
  • verstehst du, was das heißt: er liebt dich ?
  • lass dir sagen, was unaussprechlich ist ... ewig ... ihr Ende würde Verzweiflung sein ... nein, kein Ende !
  • wer da ? (Mephisto erscheint, Faust ist leicht angesäuert)
  • Magd: mein Herz ist schwer, ich find sie nimmermehr .. mein armer Sinn ist mir zerstückt ...mein Ruh ist hin ... sein Rede Zauberfluß ... sein Augengewalt ... mein Ruh ist hin ... mein Busen drängt sich nach ihm hin ...
  • versprich mir Heinrich ... glaubst du an Gott ? So glaubst du nicht ? Wer darf bekennen ... der Allumfasser, der Allerhalter ... sich selbst ... wölbt sich der Himmel ... freundlich blickend ... erfüll dein Herz, so groß es ist ! Nenn es Glück, nenn es Liebe, nenn es Gott ... Name ist Schall und Rauch !
  • den Menschen, den du bei mir hast, ist tief in mir verhasst (Mephisto ist gemeint)
  • mir wird so wohl in deinem Arm ... du ahnungsvoller Engel
  • ich muss nun fort ... kann ich nie in Ruhe ein Stündchen an deinem Busen hängen ... ich ließe dir gerne meinen Riegel offen, doch meine Mutter schläft nicht tief ... hier hast du drei Tropfen ... ich habe schon so viel für dich getan, das zu tun, so dass nichts mehr übrigbleibt
  • hast du wieder spioniert ? - ein Mägdlein nasgeführt - du Spottfigur von Dreck und Feuer - Hab ich doch meine Freude daran
  • erhabener Geist, du gabst mir alles worum ich bat ... du hast mir nicht umsonst dein Angesicht im Feuer zugewendet .. gabst mir die herrliche Natur zum Königreich, Kraft, zu genießen ... du führst mir die Reihe der Lebendigen vor mir vorbei ... du lehrst mich ... Luft und Wasser kennen ... dann führst du mich zur sicheren Höhle ... von meiner heimlichen Lust tiefe Wunder ... du steigst vor meinem Blick ... vom Mond sänftigend nieder ... der Betrachtung strenger Lust ... das der Mensch nichts Vollkommenes wird ... du gabst zu dieser Wonne ... (jetzt wird Faust ein wenig verbittert) ... er entfachte in mir ein wildes Feuer ... so taumle ich von der Gierde zum Genuss ... und im Genuss verschmachte ich ...
  • schade, das Mephisto so schnell spricht, da komme ich mit dem Schreiben nicht nach
  • du bist wieder abgetrieben, dein Liebchen ist ganz betrübt ... sie hat dich übermäßig lieb ... die Zeit wird ihr erbärmlich lang - du Verruchter, nenn nicht ihren Namen
  • ich bin der Narr ... ich kann sie nicht vergessen ... der Unmensch ... der wie ein Wassersturz von Fels zu Fels wanderte, nach dem Abgrund sucht ... häuslich Umgebung, gefangen von einer kleinen Welt ... ihren Frieden musste ich untergraben ... du Hölle, musstest dieses Opfer haben
  • oh neige du Schmerzenreiche dein Antlitz gnädig meiner Not ... fühle der Schmerzen Gebein ... wohin ich immer gehe ... wie wehe wird mir im Busen hier .... ich wein, ich weine ... das Herz zerbricht in mir ... hilf und rette mich von Schmach und Tod
  • Mephisto: "Gretchen, betest für deine Mutterseele ... und regt sich nicht unter deinem Herzen und quillt hervor ? (es folgen gregorianische Gesänge)
  • Faust siniert schon wieder vor sich hin: ... entsetzliche Qual ... im Kerker eingesperrt ... gefangen ... unwiderbringlich im Elend ... gefühllose Menschheit - sie ist die erste nicht - Abhandlung über Mephisto selber ... und du grinsest gelassen über die Schicksale tausender - willst fliegen, und bist nich schwindelsicher - der sich am Schaden weidet - endigst du? - rette sie - wer war es, der sie ins Verderben stürzte, meine Zauberpferde sind bereit !
  • schweben auf, schweben ab, neigen sich, beugen sich - eine Hexenzunft -
  • Gretchen ist im Gefängnis: Trauergesang - weh, sie kommen - still, ich komm, dich zu befreien - sie nahmen es (das Kind) um mich zu kränken, sie singen Lieder auf mich, es ist bös von den Leuten ... es war des Freundes Stimme, ich habe ihn rufen hören ... die Angst des Kerkers, der Ketten - komm mit - verweile - wenn du verweiltst, werden wir es teuer büßen müssen - so kurz von mir entfernt: das Küssen verlernt ? - oh weh, deine Lippen sind so kalt, so stumm - ich bin´s, komm mit - das Kind, war es nicht mir, nicht dir bestimmt - um die Gräber muss du dich sorgen, gleich morgen - das Kleine an die rechte Brust - so komm, ins Freie - fliehen, sie lauern mir doch auf - ich beibe bei dir - geschwind, rette dein armes Kind (Gretchen phantasiert, hat wohl ihr eigenes Kind ertränkt, und Faust versucht vergebens sie zur Flucht zur verhelfen) ... die Menge drängt sich, man hört sie nicht ... der Platz, die Gassen, ich kann sie nicht fassen .. wie sie mich packen ... stumm liegt die Welt, wie das Grab ... was steigt aus dem Boden heraus, schick ihn fort, er will mich, Heinrich ... mir graut´s vor dir
  • sie ist gerichtet, her zu mir ! - vergeblich ruft Gretchen nach dem fortgehenden Faust
  • Faust geht mit einem Wanderstab von der Bühne ab !
Man kann die Dinge drehen und wenden wie man will: ohne Zuspruch, ohne die Einfachheit und Frische eines anderen Menschen wird die Komplexität der eigenen Gedankengänge zur Falle und erdrückt einen in Grübelei, bestenfalls in Melancholie ! Mir gefällt die politische und menschliche Gesinnung von Schiller und auch so manche seiner Textpassagen, doch der Zauber der in Goethes Worten innewohnt, berührt einen ewig ! Faust ist das Lebenswerk von Goethe, und man spürt, dass der Dichterfürst hier alle seine Lebensweisheit und -erfahrungen komprimiert. Gleichzeitig versteht er es, alle seine Probleme auf eins zu reduzieren: die Liebe und Sehnsucht einer jüngeren Frau stehen (hier) im Widerspruch zu einem, der niemals sein Dasein als Universalgenie gegen ein bürgerliches Leben eintauschen würde. Und doch ist sein Verlangen nach körperlicher und geistiger Liebe so groß, dass er sie ins Unglück stürzt. Heute in Zeiten der Emanzipation, kann das genau umgekehrt sein: eine geniale Wissenschaftlerin verführt einen biederen Hausmann, der eigentlich nur in Ruhe seinen Garten bestellen und an seinem Modellflugzeug und -schiff basteln will.

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