Dienstag, 28. Oktober 2008

Warum Öl nicht mehr der entscheiden Faktor im Irak-Krieg ist

von Daniel Wilhelmi

Hallelujah. Als ich schrieb, dass die Ausgabe über einen möglichen Irak-Abzug einer der kontroversesten Profit-Radare aus meiner Feder (bzw. im Jahr 2008 aus meiner Computer-Tastatur) sei, habe ich mich nicht vertan. Ich habe zahllose Mails von Ihnen bekommen. Und was mich noch mehr erfreut: Die Meisten, egal ob zustimmend oder ablehnend, hatten ein hohes inhaltliches Niveau.

Deshalb macht es mir so einen Spaß, den Profit Radar zu schreiben: Weil wir mit Ihnen wirklich gute, aktive und interessierte Leser haben.

Dann fange ich mal an, die Leserbriefe aufzuarbeiten. Ich beginne mit einem Mail von Herrn Müller, einem langen, treuen Leser des Profit Radar (Ich hoffe es geht Ihnen gut, Herr Müller!):

„Hallo Herr Wilhelmi, ...Sobald die Sicherheit der Erdöllagerstätten sowie die der Förderung und der Lieferung des Rohstoffs in die westliche Welt gesichert sind, werden die US-Truppen abgezogen. Wie es aussieht, kann diese Sicherheit bei einer Liberalisierung des Iraks nicht erreicht werden, also wird der Schutz der Bevölkerung mal wieder als Argument herhalten müssen. Egal, ob man die Truppen noch ein wenig im Land lassen muß oder abziehen kann - letztlich geht es doch nur um die unter hohen Kosten errungene Beute. Daß die Amis das Öl im Stich lassen, kann sich doch niemand ernsthaft vorstellen...
Beste Grüße, Dan Mueller"

Meine Antwort: Das Öl ist ein entscheidender Punkt. Und darüber habe ich gestern Abend noch lange mit einem Kollegen diskutiert. Wir sind uns hier glaube ich alle einig, dass der 3. Irak-Krieg niemals geführt wurde, um das irakische Volk zu befreien, sondern wegen den Ölvorkommen, der geostrategischen Relevanz im Mittleren Osten und aufgrund der religiösen-persönlichen Motive von Präsident Bush.

Nach 5 Jahren Irak-Krieg ist klar: Dieser Krieg kann nicht gewonnen werden

Das sind die wahren Gründe. Bush ist nun bald nicht mehr Präsidenten. Kommen wir damit also zum Öl. Die Argumentation von Herrn Müller ist erst mal richtig. Und sicherlich war die Sicherung der Ölvorkommen für die USA damals, in 2003, eines der Hauptziele. Aber inzwischen haben wir 2008 und selbst im Pentagon ist wohl inzwischen klar geworden, dass dieser US-Krieg eben nicht der geplante schnelle Erfolg war, sondern, sowohl bei den Kosten als auch bei den Opferzahlen, völlig außer Kontrolle geraten ist.

Ich glaube, dass man in Washington inzwischen erkannt hat, dass es einfach nicht möglich ist, die irakischen Ölreserven zu vereinnahmen und in einem stabilen Land nachhaltig zu sichern. Es funktioniert einfach noch. Man hat es jetzt 5 Jahre mit allen Mitteln der konventionellen Kriegsführung probiert, und es geht nicht. Genau wie die Amis in Vietnam erkennen mussten, dass sie den Krieg einfach nicht gewinnen konnten. In der Realität ist eben doch nicht alles so möglich, wie es auf den Powerpoint-Präsentationen im Pentagon theoretisch geplant wird.

Warum wurde der Iran nie angegriffen? Einer der Gründe ist, dass der Iran unter militärstrategischen Gesichtspunkten aufgrund seiner Geographie als uneinnehmbar gilt. Selbst für die großen USA war es nicht möglich, den Irak zu befrieden - das ist nach 5 Jahren offensichtlich.

Dazu kommt, dass die Sicherung der Ölvorkommen ein mittel- bis langfristige Ziel für die Entwicklung der USA hatte. Nun, inzwischen haben die USA im eigenen Land aber ein kurzfristiges Problem, was wesentlich dringender ist und inzwischen ähnliche finanzielle Dimensionen aufweist. Vor allem, wenn sich der Ölpreis um 80 USD einpendelt.

Die Amis brauchen ihre Militär-Milliarden dringender im eigenen Land als zur Sicherung irgendwelcher Ölquellen auf der anderen Seite des Globus. Ich glaube, dass genau diese Erkenntnis sich in Washington langsam durchsetzt und damit hat das Öl-Argument nicht mehr das entscheidende Gewicht wie früher.

Have a successful day,

(... mit sauberer Energiegewinnung in ein Zeitalter einzutreten ohne Ölverschwendung und Kernenergie, diesen verdienten Einstieg wünsche ich Deutschland, das bis jetzt mit gutem Beispiel und hohen Investitionsosten (wenn auch noch weit steigerungsfähig) vorangegangen ist ...)

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