Montag, 22. Dezember 2008

Die Ameisenöhle

Zwei Ameisen verband eine dicke Freundschaft. Der Schreiber dieser Geschichte, weiß nicht so recht, welches Geschlecht sie hatten, er glaubt, es waren zwei männliche Wesen - das ist bei Ameisen wirklich schwer zu sagen. Auf jeden Fall stammten sie von einem Ameisenstamm, der dafür bekannt war, besonders hartes Material wie Mahagoni bis hin zu Felsgestein bearbeiten zu können. Alle anderen Ameisenkolonien bewunderten sie für diese besondere Fähigkeit.

Die beiden Ameisen, zwei besonders fleißige Handwerker, schlugen sich also während ihrer spärlichen Freizeit im Felsgestein, ganz in der Nähe ihrer Wohnsiedlung in drei Monaten eine gemütliche kleine Höhle.

Eines Tages, kurz vor Ende der Bauphase kommt eine kleine dicke Ameise vorbei und ruft zur Höhle hoch:

"He ihr zwei da, was macht ihr da ?".
  • Der eine schaut hinunter: "Wir bauen uns eine kleine Abenteuerhöhle".
"Ihr seid wohl nicht ganz gescheit, dafür müsst ihr euch eine baurechtliche Genehmigung holen".
  • Verwundert schauen sich die beiden an: "Wozu brauchen wir denn so etwas ?".
"Ist euch nicht klar, dass ganz in der Nähe eurer Abenteuerhöhle Wasserleitungen verlaufen, die unsere Kolonie versorgen ?", war die Antwort, "Denkt mal lieber für zwei Blattläuse nach".
  • "Das heißt: für zwei Groschen nachdenken !" ruft eine Ameise hinunter.
"Auch noch unverschämt werden, ich komme jetzt mal zu euch hoch ".

Gesagt getan, Ameisen brauchen ja keine Leiter, um hoch zu klettern. Am nackten Fels krabbelt die Aufseherameise in die Höhe und schaut sich in Ruhe die Höhle an.

"Donnerlüttchen, da habt ihr zwei aber eine richtig schöne Höhle gebaut, sogar mit einer Badewanne (die wassertropfengroße Badewanne ist echt ein Prunkstück) Und wie kommt ihr an das Wasser ? Sagt bloß, ihr habt das öffentliche Wassernetz angezapft ?"

Etwas betreten, schauen sich die beiden an, das war Antwort genug !

"Ich müsste euch beide sofort anzeigen: keine baurechtliche Genehmigung, Diebstahl von öffentlichem Gut, und vielleicht gibt es sogar noch mehr Übertretungen."

Die folgenden Sekunden waren überhaupt nicht schön für die beiden Freunde, wie sollte dieses Privatprojekt weitergeführt werden ?
  • Plötzlich kommt dem einen eine zündende Idee "Hör zu, wir beide bauen dir auch eine Höhle, und die Sache ist gegessen."
Die Aufseherameise schaut sich die beiden Handwerkerameisen nur kurz an, die in diesem Moment fast alles getan hätten, um den Traum einer eigenen Wohnung verwirklichen können. Blitzschnell wägte der Aufseher ab - er hatte auch eine Freundin, die gerne mal den Sonnenaufgang und -untergang in trauter und romantischer Zweisamkeit weiter weg von der Kolonie genießen wollte.
  • "Ist okay, wann fangt ihr damit an, wann könnte sie fertig sein, und was braucht ihr noch ?"
Ameisen sind im Gegensatz zu Menschen noch viel pragmatischer, es werden keine unnötigen Fragen gestellt, alle sind sie zielorientiert.
  • " Wenn du schon so fragst, ab morgen bis in einem Monat ist die Höhle fertig. Außerdem brauchen wir noch Ersatzschneidwerkzeug, jedes Wochenende einen Milliliter Blattlaushonig und ein bisschen Abwechslung".
"Was meinst du mit Abwechslung ?"
  • "Na du weißt schon, so kleine süße Ladies, die immer in der Bar von "Rudi Borkenkäfer" arbeiten.
"Die ersten beiden Dinge kann ich euch sofort besorgen, für den dritten Punkt, habe ich noch nicht so viele connections. Aber ich habe da zur Zeit einen Kumpel, der kennt die Szene sehr gut - da lässt sich sicherlich etwas arrangieren."

Wie schon angedeutet, Ameisen sind sehr pragmatisch, wenn etwas in Angriff genommen wird, dann wird sich nur die Frage gestellt: "Was ist möglich, wozu bin ich selber fähig ?"

Die beiden Ameisen fingen sofort am nächsten Tag mit ihrer Arbeit an, nun auch nach der Fertigstellung ihrer ersten Höhle eine zweite zu bauen, wohl für jemand anderen. Das war der bezahlbare Preis für ihre eigens gebaute private Räuberhöhle, in der sie einen unendlich weiten Blick in die Ferne genossen, in ihrer Badewanne, alternativ gespeist aus kühlem Berg- und heißem Quellwasser.

In einer Hand von sechs halten sie einen Tonlehmbecher gefüllt mit süßem Blattlaushonig, und eine weitere hält zärtlich eine noch viel süßere Lady - ja, die beiden wussten es schon immer:

Handwerk hat goldenen Boden !

Was wurde aber aus der Höhle des Aufsehers, die nach einem Monat fertig gebaut war ? Die nahm einer der beiden Handwerkerameisen in Anspruch, denn der Aufseher wurde ein paar Tage nach der Fertigstellung von Wanderameisen entführt. Er musste fortan als Geschäftsführer den Gewinn aus den Raubzügen verwalten, und bekam entsprechend eine viel größere Räuberhöhle zur Verfügung gestellt - seine Freundin hat es um so mehr gefreut.

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