Samstag, 24. Oktober 2009

"Meister, Meister, du musst wandern !"

Vorwort:

Es war zu einer Zeit, wo Wahrsager, Zauberer und wahre Meister Hochkonjuktur hatten, und wo noch große dunkle Wälder ihren Zauber und ihre Geheimnisse bargen.

In dieser Zeit war ein junge Mann schon recht lange unterwegs auf einer Reise, um seinen Meister zu finden, der ihm alles beibringen sollte. Er fand aber keinen idealen Meister ! So war er denn schon bei vielen Meistern gewesen, beim Meister der
  • Beredsamkeit
  • der schönen Künste
  • der nützlichen Handwerke
  • der Philosophie
  • des Kamasutras
  • der Mathematik
  • inneren Einkehr
  • der Musikinstrumente
und bei vielen anderen mehr.

So kam zwangsläufig der Zeitpunkt, wo der junge Mann nach seinen jahrenlangen Wanderungen zu sich selber sagte: "Jetzt habe ich genug gelernt, ich muss so langsam selber ein Meister werden !" Aber er verspürte auch den Drang, noch ein letztes mal einen Meister aufzusuchen, der ihm den ein oder anderen wichtigen Kniff beibringen, und der vielleicht noch eine Restlücke an Wissen und Erkenntnis ausfüllen konnte ! So ging er von Dorf zu Dorf, um diesen Meister zu suchen. Allerdings konnte niemand ihm so recht sagen, wo er diesen finden könnte.

Hauptteil:

So wanderte er eine zeitlang durch Felder und Wiesen, durch Berge und Täler und wollte schon fast aufgeben, als er auf Umwegen zu einer einsamen Hütte gelangte. Vor dieser Hütte saß ein Mann, dem man seine Weisheit schon an den Gesichtszügen ablesen konnte. Mit schnellen Schritten ging er auf ihn zu: "Bist du der Meister, nach dem ich so lange gesucht habe ?"

"Das weiß ich nicht, das kommt darauf an, wen und was du suchst !", war die Antwort.
  • "Ich suche das letzte Puzzlestück, um erfolgreich zu werden ! Was also ist deine Profession, was kannst du am besten, was kannst du mir noch beibringen ?"
Der Meister: "Ich kann mir meine Sackhaare einzeln ausrupfen !"

Der Wandergeselle staunte nicht schlecht !
  • "So einem Menschen bin ich noch nie begegnet ! Kannst du es mir beibringen, darf ich dir dabei zuschauen, wie du dieses Kunststück vollbringst ?"
Der ältere Mann schüttelte milde den Kopf: "Junger Mann, ein wenig Diskretion, bitte ! Solche Sachen kann man einem nicht beibringen, das musst du schon selber lernen und üben ! Wenn du aber diesbezüglich Fragen hast, kannst du gerne wiederkommen !"

Und da es schon Nacht geworden war, bot der Meister dem Noch-Gesellen einen Schlafplatz nicht unweit von seiner Hütte an, und eine kleine warme Mahlzeit ! So legte sich der junge Mann nach dem Essen hin, nicht ohne selber einmal versucht zu haben, sich ein Sackhaar herauszureißen, denn "was du heute kannst besorgen, verschiebe nicht auf morgen !" So zupfte er zum ersten mal in seinem Leben sich ein Sackhaar heraus, was höllisch weh tat, denn er beherrschte diese Technik überhaupt noch nicht !

Am nächsten Tag ging er zum Weisen, um Näheres über diese Technik zu erfahren !
  • "Großer Meister, ich habe gestern zum ersten mal mir ein Sackhaar rausgerissen, ich bin vor Schmerzen fast gestorben ! Wie machst du das nur, dass es auch schmerzfrei gelingt ?"
"Kein Meister ist vom Himmel gefallen, du musst es immer wieder ausprobieren !"

So vergingen weitere Nächte, in dem der Wissbegierige weiter an diesem Projekt übte ! Schließlich schaffte er es einigermaßen schmerzfrei ein halbes Dutzend Sackhaare herauszureißen !
  • "Meister, Meister, ich habe es geschafft, diese Prozedur schmerzfrei hinter mir zu bringen !"
"Mit welcher Hand hast du es gemacht ?"
  • "Mit der Rechten !"
"Dann gehe hin, und versuche es fortan mit der Linken !"

Gesagt, getan ! Dem Übenden wurden noch weitere kostenlose Nächte gewährt, denn der Meister fand ihn sympathisch: so einen jungen Mann hatte er selten erlebt, der nicht viel fragte oder hinterfragte, sondern einfach das Wesentliche beherrschen wollte ! So verging mindestens ein Monat, denn die linke Hand war noch sehr ungeschickt und untrainiert ! Aber eines Tages war es dann soweit !
  • "Großer Meister, nun schaffe ich dieses Kunststück mit links !"
"So ist es gut, mein Sohn ! Du siehst: Übung macht den Meister ! Was willst du jetzt noch wissen ?"
  • "Großer Meister, ich will nicht unverschämt sein, aber was hat das Ganze für einen Nährwert ? Kann man damit sein Brot verdienen, erfolgreich werden oder gar seine Familie ernähren?"
Und wieder lächelte der Meister milde: "Komm morgen vorbei !"

So ging der Schüler zu seinem Schlafplatz, legte sich hin und legte diesmal eine kleine Pause ein, denn sein Skrotum war von den ganzen Übungen schon ziemlich rot geworden: es bedurfte also einer kleinen schöpferischen Pause !

Am nächsten Abend fand sich ein weiterer Gast beim Meister ein. So saßen sie zu dritt am Lagerfeuer, tranken und schwatzten gemütlich vor sich hin, bis der eine Gast höflich den Meister fragte:
  • "Großer Meister, hast du eine Lösung für mein Problem gefunden, dass ich vor drei Monaten an dich herangetragen habe ? Du weißt, meine Frau ist so anspruchsvoll und isst mir noch die Haare vom Kopf !"
"Sicherlich, warte einen Augenblick !"

So ging der Meister in seine bescheidene Hütte, holte etwas aus seiner Schatzkiste hervor und legte es auf den Boden, die beiden Gäste staunten nicht schlecht: im Feuerschein sahen sie ein weißes Seidentaschentuch auf dem drei Sackhaare lagen ! Feierlich übergab der Meister dem ratsuchenden Bauern das Seidentuch auf dem schimmernd leuchtend die Lösung lag:

"FDH !"
  • "FDH ?"
"Das erste Sackhaar steht für "F", das zweite für "D" und das dritte für "H" !"
  • "Und das bedeutet ?"
"Du sollst zu deiner Frau gehen und ihr sagen: "FDH = friss die Hälfte ! "... und du wirst erstaunt sein, wieviel du sparst. Dieses Ersparte wird dir für deine Re-Investitionen helfen ... damit kannst du dir ein Schaf kaufen ... und mit dessen Wolle ein Kuh ... und mit deren Milch kannst du deine Kinder durch den harten Winter bringen !"

Der Bauer war hocherfreut und fragte, was der Lohn für diesen guten Rat sei.

"Gib mir das, was du meinst, mir geben zu müssen, wenn der Winter vorbei ist !"

So zog der Bauer von dannen, im Herzen wieder froh und im Verstand klar und nüchtern ! Der Geselle war aber über alle Maßen erstaunt:
  • "Wie kommst du nur auf diese geniale Idee ?"
"Du musst mit der Zeit gehen ! Manche Wahrsager benutzen immer noch altmodische Medien wie Knochen, Amulette, Ritualschmuck, Zauberfibeln, Karten oder die Leber eines Tieres. Das alles ist viel zu kompliziert ! Ich höre genau hin, was die Ratsuchenden mir erzählen und schlafe mindestens eine Nacht über die Angelegenheit !"
  • "Aber warum musst du ausgerechnet in jenen Nächten deine Sackhaare opfern ?"
"Nun, weil man sich die Dinge im Leben nicht so einfach machen sollte. Wenn du schmerzfrei jedes einzelne Sackhaar herausziehst, musst du dich auf den Punkt genau konzentrieren. Beim "Sackhaarrupfen" müssen deine Finger synchron mit deiner Gedankenkraft handeln. In dem Moment, wo deine Finger diese Aktion schmerzfrei vollziehen, hast du auch schon eine Teilantwort gefunden. Am Ende fasst du mit deinem gesunden Menschenverstand alle Teilantworten zu einer Antwort zusammen!"
  • "Das leuchet mir ein ! Aber wenn jetzt richtig schwierige Fragen auftauchen, hilft dann diese Methode immer noch ? Was war die schwierigste Frage, die man dir gestellt hat ? Konntest du sie beantworten ?"
Der Gefragte neigte seinen Kopf ein wenig zur Seite.

"Ja, mein Freund, auch ich hatte schon einen Ratsuchenden gehabt, der all mein Können und mein Denken bis zum Maximum in Anspruch genommen hat !"
  • "Bitte erzähle mir davon, danach werde ich dich verlassen und versuchen, selber Meister zu werden !"
"Vor nicht allzulanger Zeit, nachdem ich meine Fingerfertigkeit und mein Denken bis in die kleinsten Feinheiten trainiert habe, stand eines Morgens der größte Feldherr aller Zeiten vor meiner Hütte: es war Dschingis Khan höchstpersönlich ! Wir begrüßten uns höflich auf asiatische Weise, er nahm vor meiner Hütte Platz. Er erzählte mir von seinem Leben, von seiner harten Jugend, wo seine Feinde nach seinem Leben trachteten, von seinen Feldzügen und von seinen Wünschen und Plänen ! Sein größter Wunsch war es aber, unsterblich zu sein !"

So sprach er denn zu mir: "Weiser Mann, gib mir die Formel, das Getränk, ein Ritual oder einen Rat, wie ich unsterblich werde ! Du sollst reichlich belohnt werden. Bin ich aber mit deiner Antwort nicht zufrieden, so bist du des Todes !"
  • "Das ist doch unmöglich, kein Mensch kennt diese Formel ! Sie ist ja noch schwieriger als die Formel, um aus jedem x-beliebigen Element Gold zu machen !"
"Das ist völlig richtig, ich sehe, du hast die Sachlage richtig erfasst. Aber was willst du machen ? Manchmal setzt das Schicksal dir einen perfekten mongolischen Pfeil und Bogen vor die Brust, dir bleibt keine Wahl als zu handeln ! " So sagte ich zum Welteneroberer: "Großer Feldherr, dem die Sterne und alle Länder dieser Welt zu Füßen liegen, gib mir drei Nächte Bedenkzeit, denn es ist die schwierigste Frage aller menschlichen Fragen !"
  • "So sei es denn: ich komme dich nach drei Nächten besuchen, wenn der Vollmond mir leuchten wird den neuen Pfad, den du für mich entdecken wirst !"
"Ich lag also in der ersten Nacht auf meinem Lager und dachte angestrengt nach, während ich die ersten Sackhaare schön ordentlich auf ein weißes Seidentuch legte. In der zweiten Nacht wurden es mehr, auch wenn ich noch nicht auf die Antwort kam. Doch ich wurde nicht unruhig, denn den Tod fürchte ich nicht ! In der dritten Nacht dachte ich über einen Ausspruch nach, den der Feldherr zum Besten gab: "Es gibt nichts Schöneres für einen Krieger, als sich die Frau seines Gegners zu nehmen ! Da schaute ich noch mal auf das weiße Seidentuch auf dem nun fast meine gesamte Intimbehaarung samt ihrer Wurzeln lag, und es fiel mir wie Schuppen von den Augen ! Die Sackhaare der ersten Nacht stellten all die Frauen dar, die er in der Vergangenheit erobert und genossen hat ! Diejenigen von der zweiten Nacht standen für all die Frauen, die er jetzt hatte und diejenigen der dritten Nacht stellten alle zukünftigen dar ! Für all diese Eroberungen investierte er Zeit und Energie, die wiederum von seiner Lebenskraft abgezogen wurden ! Wieviel Zeit und Energie hätte er gespart und würde er sparen, wenn er auf all diese Frauen verzichtet hätte bzw. in Zukunft verzichten muss ?! Das wäre schon die halbe Ewigkeit !"

Nach der dritten Nacht kam der größte Krieger, größer noch als Julius Cäsar, Alexander der Große und Napoleon zusammen !
  • "Weiser Mann, hast du die Antwort auf meine Frage gefunden?"
"Ja, mein Herr !", und der Weise breitete das weiße Seidentuch vor dem Feldherrn aus, auf dem ein wahrer Büschel an Sackhaaren lagen, "... sieh, diese Haare stehen stellvertretend für alle Frauen, die du hattest, hast und haben wirst ... doch bedenke, wieviel Kraft und Energie sie dir gekostet haben und kosten werden ... du kannst ewig leben, aber du darfst in Zukunft mit keiner Frau dieser Welt dein Nachtlager mehr teilen ! Fang morgen damit an, sonst ist es zu spät !"

Dschingis Khan wurde sehr nachdenklich und betrübt, denn er erkannte die Unmöglichkeit dieser Forderung. So schwang er sich wieder auf sein Lieblingspferd, griff in seine Reittasche und warf dem Weisen einen dicken Beutel zu, gefüllt mit Gold, Diamanten und Juwelen:
  • "Ich danke dir für deinen Rat ... ich gehe mit meinen treuen Kriegern den Rest von Europa erobern, dann habe ich mein Reich vom Chinesischen Meer bis zum Atlantik und dem Indischen Meer gefestigt ... du aber hast mir gezeigt, dass ich das machen soll, was in meiner Macht steht !"
So ritt Dschingis Khan in die schützende Dunkelheit des Waldes, zurück zu den Seinen, die schon mit feurigen Tänzen und Kriegsgeruf in den Zeltlagern auf ihn warteten.

"Ja, mein junger Freund, das war die größte Herausforderung meines Lebens, aber ich habe sie gemeistert !"

Der Geselle, der nun auf dem Sprung war, selber ein Meister zu werden, nickte hochachtungsvoll:
  • "Ich danke für diese Geschichte und für all die Nächte, die ich hier verbringen durfte, um ein Meisterwerk kennenzulernen ! Doch sage mir nur noch eins: was hast du mit der reichhaltigen Belohnung gemacht ?"
Und schon wieder lächelte der Meister mild: "Ein weiser Mensch genießt und schweigt !"

So verabschiedete sich auch der Geselle ... als er schon ein gutes Stück gegangen war, meinte er aus der Ferne ein leises, helles, warmherziges weibliches Lachen aus der nächtlichen Hütte zu hören, doch er drehte sich nicht mehr um, denn er war auf dem Weg, ein wahrer Meister zu werden !

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