Donnerstag, 15. April 2010

"Wenn Frauen morden"

Madonna oder Mörderin ?

entnommen aus:


Der Fall der schönen Ruth Blaue, deren Gatte durch fünf Axthiebe starb, machte Anfang der fünfziger Jahre Furore. Dass eine Frau kaltblütig tötete, empörte die Öffentlichkeit - auch bei Kapitalverbrechen war die Rollenverteilung noch klar. 

Auf einmal war da ein Ohr. Als Gerd Killisch im Sommer 1947 mit Freunden in einem flachen Badetümpel im Dorf Klein Nordende beim schleswig-holsteinischen Elmshorn schwimmen ging, fiel ihm sofort dieses seltsame Bündel im Wasser auf. Und irgendetwas darin sah nach einem menschlichen Ohr aus. Als der Junge den Seesack öffnete, erlebte er den Schock seines Lebens: Im Sack steckte der halbverweste Kopf eines Menschen.
Der gruselige Fund im Badeteich war der Auftakt für einen spektakulären Kriminalfall, der die bundesdeutsche Öffentlichkeit und Medien jahrelang in Aufruhr versetzte. Nicht nur, weil der Tote aus dem Badeteich lange Rätsel aufgab: Sein Gesicht war bis zur Unkenntlichkeit entstellt, denn der Täter hatte ihm mit mehreren Axthieben das Gesicht zertrümmert. Mit den damaligen Methoden war die Leiche kaum zu identifizieren. Das eigentlich Unerhörte kam aber erst Jahre später ans Licht: Eine Frau sollte hinter dem ungewöhnlich brutalen Mord stecken. Eine Axtmörderin? Und dazu noch eine attraktive und charismatische? "Mörderin mit dem Madonnengesicht" taufte die Presse bald Ruth Blaue, die Tatverdächtige, die in der Haft Gedichte schrieb und sich religiös gab. Als auch noch durchsickerte, dass die "Madonna" früher als Straßenmädchen gearbeitet hatte, war der Skandal perfekt.

Im biederen Nachkriegsdeutschland, vor der Zeit von Emanzipation, Frauenquoten oder TV-Erfolgen wie "Der Frauenknast" war die mutmaßliche Gattenmörderin ein echter Aufreger. Im gerade beendeten Krieg hatten sich die Männer als Soldaten zwar gegenseitig millionenfach umgebracht - dass eine Frau auf so bestialische Weise tötete, empfanden die Zeitgenossen dennoch als Schock.
Ein Film von Ute Bönnen und Gerald Endres
  
Der Enzianmord

entnommen aus:

14. Februar 1967, Fliegerhorst Fürstenfeldbruck in der Nähe von München. Werner Müller (28) besucht einen Lehrgang beim Deutschen Wetterdienst. Seine Familie wohnt in Kempten im Allgäu. Weil sein Stubenkamerad Alois Blumoser erkältet ist, gibt Müller eine Runde Enzianschnaps aus, den er per Post erhalten hatte. Der verschnupfte Blumoser kippt das Getränk "ex" runter, schreit "Das schmeckt ja wie Essig!" und krümmt sich. Müller probiert, spuckt das Zeug aber sofort wieder aus. Die beiden laufen ins Bad, wo sich Blumoser übergeben will. Doch er bricht kurz vorher neben dem verzweifelten Müller im Todeskampf zusammen. 

Die Gerichtsmediziner stellen fest, dass er mit dem einen Glas Schnaps eine tödliche Menge Blausäure geschluckt hatte. Die Polizei ist ratlos. Sie untersucht das verdächtige Päckchen genauer, das Müller einige Tage vorher erhalten hatte: Neben dem vergifteten Schnaps lagen in der Schachtel auch eine Packung "Katzenzungen" und ein Zettel: "Gruß aus der Pfalz. Alleine trinken, aber mit Genuss!". Der Poststempel führt sie zum Nachtschalter am Stuttgarter Hauptbahnhof. Der zuständige Postbeamte kann sich erinnern, dass eine Frau mit Sonnenbrille das Paket nachts brachte. Und daran, dass ihr Arm verbunden war und sie ihn gebeten hatte, den Absender auf das Paket zu schreiben. An ihr Gesicht erinnert er sich nicht.

Christel Müller (25), die Ehefrau des Paketempfängers, besucht ihren Mann zwei Tage nach dem tödlichen Giftanschlag in Fürstenfeldbruck. Sie ist völlig durcheinander. Die Zeitungen berichten auf den Titelseiten von dem Fall. Frau Müller wird von der Kripo verhört und kurz darauf verhaftet: Die Polizei hat Hinweise, dass sie ein Verhältnis zu Georg Weidinger (27) pflegt, einem verheirateten Hausfreund der Familie. Eine Nachbarin hatte Buch geführt über das Privatleben der Ehefrau und Mutter. Die Beschuldigte streitet alles ab. Weidinger, ihr vermeintlicher Geliebter, war ins Visier der Polizei geraten. Sein Freund Franz Reisacher, der in einem Galvanikbetrieb in Kempten arbeitete, hatte in der Zeitung über den Fall gelesen und ausgesagt, dass ihn sein Kumpel vor Wochen um einen Gefallen gebeten hatte: Reisacher solle ihm Gift besorgen, weil er damit einen Marder töten wolle. Um das Gift zu transportieren, hatte Weidinger ihm zwei Enzianflaschen mitgegeben. Dieser streitet anfangs alles ab. Aber nach einer Woche gesteht er, gemeinsam mit Christel die Tat geplant und ausgeführt zu haben. Nun bricht auch Christel ihr Schweigen und gibt Details der Tat zu. Aber sowohl Georg Weidinger als auch Christel Müller beteuern, dass sie niemanden töten wollten. Das Ganze sollte ein „Scherzpackerl“ sein.

In dem Indizienprozess, der neun Monate später stattfindet, geben die beiden Angeklagten bis zum Schluss unterschiedliche Versionen vom Tathergang ab und entschuldigen sich. Eine Tötungsabsicht streiten sie weiterhin ab. Der Staatsanwalt fordert lebenslange Haft. Aber die beiden Angeklagten werden wegen „versuchten Mordes und fahrlässiger Tötung“ zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt, was damals, Ende 1967, als milde galt.
Ein Film von Sissi Hüetlin

1 Kommentar:

Schüler hat gesagt…

Yes sir, I was astonished as well, when I read these lines ... I learned a little bit more too !