Freitag, 10. September 2010

Heute hat's richtig geknallt mit Vorarbeiter M. Habe im "Adult Room" gestern mit Familienvater zwei Leitungen über zwei Decks durch zwei Stutzen gezogen und in der Theke abgebunden.
  • Sagt heute zu mir, dass er den Auftrag gegeben hätte, diese Leitungen auch durch die Theke auf den Rand zu legen. 
  • Hat er nicht, vielleicht hat Vorarbeiter M. vergessen, dieses weiterzuleiten.
Soll den Verlauf von ein paar völlig falsch beschriftete Leitungen rekonstruieren, komme aber nicht weit, da im Nebenraum Estrich gelegt wird. Gehe also zur Kiste zurück, um neue Anweisungen zu erhalten.
  • Okay, ich soll mich an Vorarbeiter T. halten, der ebenfalls an der Werkzeugkiste steht. 
  • Die unterhalten sich mindestens 15min, ich stehe also nur rum wie bestellt und nicht abgeholt.
  • Das Ganze wird mir zu bunt, ich gehe also in Sichtweite zur Raucherecke, immer die Vorarbeiter im Blick. 
Nach der Zigarette gehe zurück und muss mir folgendes anhören.
  • "Wo warst du denn schon wieder ? "
"Da hinten in der Ecke, habe mir eine geraucht !"
  • "Ich sehe dich nie arbeiten, so geht das nicht weiter ! Wenn ich dich noch einmal beim Nichtstun erwische, dann fliegst du !" (alle umherstehenden Arbeiter bekommen das mit)
Das war eindeutig zuviel. Ich ringe nur noch mit der Wortwahl, was ich auf diesen Scheiß erwidern soll. Aber meine Stimme wird etwas laut und scharf, so dass alle anwesenden Arbeiter auf dem Deck einen kleinen Disput zwischen einem Vorarbeiter und einem "Leiharbeiter" deutlich mitbekommen:
  • "Du hast gerade noch gesagt, dass ich bei T. bleiben soll, was soll das ?"
Ich glaube, darauf hat er erst mal gar nichts gesagt, weil die Lautstärke auch ihn etwas überrascht hat. Zum Glück beruhigt sich die Situation sehr schnell und man kommt wieder auf das Handwerkliche zu sprechen.
  • Frage ihn, ob ich in die Rückwand der Theke Löcher bohren soll. 
  • Nein, da wären schon welche. 
Ich suche, finde aber keine, bis auf eins, das ist aber schon mit einem anderen dicken Kabel belegt.
  • "Ich finde keine Löcher, durch ich die Leitungen ziehen könnte."
"Du hast ganz bestimmt mal wieder nicht richtig geguckt !"
  • "Da sind keine Lochbohrungen bis auf eins, das ist aber schon belegt."
"Da sind doch jede Menge Löcher, ich komm'  jetzt mal mit !"

Wir gehen also auf Deck 4, Feuerzone 2 in den Adult Room zur Edelstahltheke. Nach langem Suchen findet er auch nur das eine Loch, zieht daran und holt die Leitung + Gummiabdichtung raus. Schaut sich das Loch an und denkt wahrscheinlich, dass man diese Öffnung für unsere Leitungen mit gebrauchen könnte.
  • "Soll ich nicht doch besser zwei Löcher bohren ?"
"Okay, setz diese genau daneben."

Gehen also gemeinsam zurück zur Kiste, hole das notwendige Werkzeug und setze die geforderten Löcher. Zum Schluss kommt noch Familienvater und beweist mir, dass man auch einen 10er-Bohrer mit der höchsten Geschwindigkeit eines Akkubohrers durch ein Edelstahlblech jagen kann. Zum Schluss treffe ich noch Vorarbeiter M. und sage ihm, dass die Arbeit erledigt sei. Er antwortet in einem sehr ruhigen und vernünftigen Ton, ich bin sehr erstaunt.

Was ist also die Aussicht ? Nun, ich stehe auf der Abschussliste, es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann es wieder knallt ! Soll ich mich ruhig verhalten, weiter kuschen bei idiotischen Bemerkungen und den Schwanz einziehen, wenn er weiter mit falschen abenteuerlichen Behauptungen durch die Gegend geistert ?

Jeder aus der Truppe sagt:
  • "Mensch sei ruhig, dass ist der Vorarbeiter, der ist am längeren Hebel !"
  • "Du magst ja Recht haben, aber der hat die Firma hinter seinem Rücken !"
Natürlich haben sie Recht, aber es sind die Worte von "Warmduschern", "Geknechteten Arbeitern" und "Devoten Untertanen". So gesehen habe ich die Wahl zwischen zwei Dingen:
  • "Beim nächsten Zwischenfall wird es noch mehr krachen, dann bekommt er die volle Breitsseite ab, und ich werde gefeuert. Ich lasse mir von keinem Menschen auf dieser Welt, sei es ein Fremder, ein Vorgesetzter, ein Verwandter oder Freund den Mund verbieten, erst recht nicht, wenn es um Willkür und Machtmissbrauch geht !"
oder
  • "Weiterhin ruhig bleiben und selbst bei Ungerechtigkeiten das Maul halten. Das Ergebnis wäre eine Depression und der Zerfall einer inneren Stabilität, die Millionen von Menschen befällt, die nicht den Mumm haben, ihrem Chef und Vorgesetzten ihre berechtigte Meinung und Ansichten zu offenbaren !"
Selbst "Gewerkschafter" enttäuscht mich ein wenig, da er nur auf die altbekannten Kräfteverhältnisse in einem Industrieland hinweist: "Vorarbeiter M. hat Protektion, ich bin ein Nichts und ersetzbar !"

Auch richtig, aber sagt er nicht selber, dass durch die Passivität der Bürger und Arbeiter, sich die Oberen und Arbeitgeber mittlerweile alles erlauben, weil nicht nur in Deutschland die Schamgrenze von Ausnutzen, Missbrauch und Willkür so tief gesunken ist bzw. überhaupt nicht mehr existiert ?!

Was mich auch wundert, ist, warum er mich nicht schon längst gefeuert hat ? Er hatte doch schon zuvor bei den halben Dutzend anderen Arbeitern, die geschmissen wurden, keinen Skrupel ? Vielleicht hat er noch genug Nerven, dieses Spielchen bis zu seinem Ermessen zu beenden ? Vielleich ist ihm das Ganze nicht geheuer, mich zu feuern, weil er meine Natur schon gut erkannt hat. Denn würder er mich entlassen, dann gibt es nur noch einen Gang für mich, den Weg zu seinem Chef. Und egal, wie dieser reagieren würde, er hätte eine Latte an Informationen, die ihn wenigstens etwas hellhöriger machen könnten. Familienvater mutmaßt, weil ich zu einer Fahrgemeinschaft gehöre, hält er sich zurück, sonst wäre ich schon längst draußen. Vielleicht spielt von allem etwas eine Rolle.

Wie immer auch diese Geschichte ausgehen wird ... ich habe mittlerweile in all den Jahren und Jahrzehnten seit dem 15. Lebensjahr sehr gut verstanden, warum in Deutschland die Depressionen und eine innere Unzufriedenheit dermaßen zunehmen. Die Gründe sind unter anderem auch in der Arbeitswelt zu finden: jeder, der um seinen Job bangt, hält sich schön bedeckt und hält den Mund, selbst dann, wenn er berechtigte konstruktive Kritik und Anmerkungen seinem Chef unterbreiten kann. Die Folge sind die Manifestation von Depressionen + abnehmende Leistung am Arbeitsplatz + Kompensationsversuche der "Schweiger" und "Passiven" durch Drogeneinnahme nach Feierabend !

Wie "Gewerkschafter" es so schön sagt => das Kapital ist zu 95% organisiert (Banken, Konzerne etc.) aber die Arbeiter sind es zum größte Teil nicht ! Dann braucht man sich auch nicht zu wundern, dass die Willkür von Arbeitgebern aller Stufen derart zugenommen hat bis hin zur Unverfrorenheit und Knebelverträgen.

...

Fazit:

"Wer unter Haifischen schwimmt, sollte beißen können !"  Aber wer in seinem Leben nie gelernt hat oder sich nie traut, zurückzubeißen und Kontra zu geben, den erwischt es im Alltag mit Depressionen und Minderwertigkeitsgefühlen ! Dieses Gefühl wird besonders nach Feierabend im Stillen Kämmerchen stark zu spüren sein, spätestens dann wenn das Gewissen und das "Ich" die eigene Persönlichkeit fragen:
"Warst du heute ein Mann oder eine Memme ?"

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